Notgeld: Gutschein / Grubengeld / Briefmarkengeld=Kapselgeld / Kriegsgefangenenlagergeld

Mit Notgeld sind hier alle Formen monetärer Zahlungsmittel zu Notzeiten gemeint.

Fachleute auf diesem Gebiet werden sicherlich hier dargestelltes Notgeld weiter spezifizieren können: Kleingeldschein, Serienscheine oder Notgeld der Städte u. Gemeinden, privates Notgeld, Firmennotgeld sind Begriffe, die dabei fallen können.

Da das Sammeln von Notgeld ---egal in welcher Form--- selbst für den Rhein-Erft-Kreis sehr umfangreich sein dürfte, wird hier nur kurz und auf das Wesentliche eingegangen.

 

zu hier bekannten Ausgaben mit kurzen Angaben zu Varianten: siehe:

 

hier bekannte Ausgaben zum Notgeld

 

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Hier als erstes bekannte Notgeld mit für den Rhein-Erft-Kreis bekannten Ausgabeorten  kam zur Zeit des 1. Weltkrieges auf. Die schon 1914 beginnende Inflation brachte es mit sich, dass nach und nach der Metallpreis anstieg; zudem Metall für die Produktion von Kriegsgerätschaften benötigt und daher knapp wurde. So kam es bereits ab 1914 zu dem Umstand, dass das Kleingeld knapp wurde und man behalf sich anderweitig: Mit dem Druck von Gutscheinen auf Papier.

Vorteil dieser Gutscheine gegenüber "offiziellem" Geld: sie konnten zeitnah gedruckt und insbesondere durch örtliche Banken und Sparkassen ausgegeben und eingetauscht werden. Beispielhaft sei hier die Brühler Sparkasse/Sparkasse Köln mit einer Vielzahl sammelfähiger Varianten der nachfolgend bebilderten Serienscheine (abwechselnd Vorder- und Rückseite) genannt.

Notgeld / Gutscheine der Brühler Sparkasse / Sparkasse Köln abw.: 0,50; 1,--; 2,--; 3,-- und 5,-- Mark
Notgeld / Gutscheine der Brühler Sparkasse / Sparkasse Köln abw.: 0,50; 1,--; 2,--; 3,-- und 5,-- Mark

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Kapselgeld der Brauerei Theodor Firmenich, Hürth bei Köln
Kapselgeld der Brauerei Theodor Firmenich, Hürth

In dieser Zeit um 1917 wurde auch im Rhein-Erft-Kreis, und zwar von einer Brauerei, von einer anderen Möglichkeit des Kleingeldersatzes Gebrauch gemacht: der Herstellung von Kapselgeld (oder auch Kapselmarke / Briefmarkengeld genannt).

Hierbei wurde eine Briefmarke zusammen mit einem i.d.R. runden Träger, rückseitig mit Werbung/Logo einer Firma, unter Zelluloid verkapselt.

Die Brauerei Theodor Firmenich aus Hürth hat Kapselgeld mit unterschiedlichen Briefmarken herstellen lassen.

Heutzutage, nach über 90 Jahren, sind auch die Kapselmarken der Brauerei Firmenich sehr empfindlich und brüchig.

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Doch nach dem 1. Weltkrieg schritt die Inflation weiter voran. In den Jahren 1918 / 1919 gab auch die Chemische Fabrik Wesseling AG, zu der es auch sammelfähige Aktien gibt; siehe HWP aus Wesseling -mit weiterem Link zu den im Sammlermarkt bekannten Aktien dieser Gesellschaft- "Gutscheine"  über dann schon höhere Geträge aus: 5, 10 u. 20 Mark. 

"Geldscheine" durften diese nicht genannt werden, denn sie waren kein offizielles Zahlungsmittel. Und als Gutscheine ---wie alle anderen Gutscheine dieser Zeit bis hin zur Hyperinflation 1923 auch--- hatten sie Nachteile: Nur einlösbar an Kassen der ausgebenden Stelle nebst befristeter Einlösezeitraum; hier für diese der Chemische Farbik Wesseling AG: 19.03.1919.

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Insbesondere 1923 kam es zur Hyperinflation: Die Geldentwertung schritt sehr schnell voran. Vielerorts wurden Gutscheine zunächst mit 100.000-er-Werten ausgestellt, schon bald über Millionen, Milliarden bis hin zu zig-Billionen-Werten.

Am Ende erfolgte am 15.11.1923 eine Währungsumstellung von Mark auf Rentenmark (später wertgleich umgestellt auf Reichsmark).

Der Umrechnungskurs: 4 Billionen Mark wurden zu 1 Rentenmark

Nachfolgende Bilder sind exemplarische Ausgaben:

  • Stadt Brühl über 10 Millionen Mark; 20.08.1923
  • Die Bürgermeistereisparkasse Horrem (Bez. Köln); Besonderheit:

--- hier seltene Ausgabe über 2 Millionen Mark vom 30.08.1923

--- mit Abbildung der Bürgermeisterei

  • die AG für Stickstoffdünger aus Knapsack; Besonderheit:

--- sie nutzte einen (häufigen) Gutschein der Farbenfabriken vorm. Bayer & Co. über 1 Millionen Mark; durch (seltenen) rückseitigen Aufdruck für ihre Zwecke

  • die Chemische Fabrik Wesseling AG, Besonderheit:

--- die "alten" Scheine von 1918/1919 wurden vorder- und rückseitig "aufgewertet": hier von 10 auf 1 Millionen Mark; hier mit seltenen, insgesamt zwei Zusatzstempeln zur Gültigkeitsdauer

  • Julius Berger Tiefbau-AG Niederlassung Brühl; 5 Millionen Mark; Besonderheit:

--- seltene Ausgabe dieses Wertes mit "Jbtag C" vom 11.08.1923.

  • Rheinische Stahlwerke / Abt. Schallmauer in Bachem, Bez. Köln

--- eigentlich mit einer Größe von ca. 13 x 18 cm für Notgeld seinerzeit außergewöhnlich groß (und unhandlich; begehrt)

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Auch nach dem 2. Weltkrieg wurde (im Vergleich zum Zeitraum von 1914 bis 1923 allerdings wesentlich weniger) Notgeld ausgegeben. Hierzu ist mit Ausgabeort aus dem Rhein-Erft-Kreis nur die Stadt Lechenich, damals noch zum Kreis Euskirchen gehörend, zu erwähnen.

Sie gab mit Ausstelldatum: 25.08.1947 rosafarbene, kleinformatige Schecks über verschiedene Werte, z.B. über 5 Reichspfennige aus, wonach der Vorleger aus dem Guthaben der Stadt Lechenich bei der Kreissparkasse Euskirchen, Zweitstelle Lechenich, dieser Betrag ausgezahlt wurde.

Diese Kleingeldschecks verloren ihre Gültigkeit spätestens am 28.02.1948.

(keine Abbildung vorhanden)

Zwar nicht unbekannt, aber kaum beachtet: Auch Kriegsgefangene des 1. als auch 2. Weltkrieges wurden in verschiedenen Gesellschaften in Orten des heutigen Rhein-Erft-Kreises untergebracht und mussten dort arbeiten. Innerhalb der Gefangenenlager wurde teils mit "eigenen" Münzen der unterbringenen Gesellschaft bezahlt. Hintergrund: Sollte der Gefangene fliehen, war es ihm sodann in Ermangelung "offiziellem" Geldes nicht möglich, außerhalb des Lagers z.B.: Lebensmittel einzukaufen oder eine Zugfahrt zur Fortführung der Flucht zu bezahlen.

Zur Zeit des 1. Weltkrieges wurden auch Gefangene in den Kohlegruben rechts und links der Erft eingesetzt. Einige Kohlegruben prägten daher "eigenes Geld" in Form von Münzen aus minderwertigerem Material, insbesondere Zink: Das sog. Kriegsgefangenenlagergeld oder auch Grubengeld genannt.

Nachfolgend bebilderte Beispiele: Grube Carl; Grube Wachtberg aus Frechen, Grube Fortuna aus Bergheim.

(weitere Notmünzen -i.d.R. in ähnlicher Gestaltung- bekannt: Beisselsgrube (Ichendorf, jetzt als Qudrath-Ichendorf Stadtteil von Bergheim); Gruhlwerk (Brühl); Grube Donatus, Grube Liblar (beide jetzt Erftstadt); Gewerkschaft Schallmauer (Bachem jetzt Stadtteil von Frechen))

Das Gefangenenlagergeld der bei einem Luftangriff im November 1944 zerstörten und danach nicht wieder aufgebauten Ribbertwerke aus Hermühleim (jetzt ein Ortsteil von Hürth) mit Prägung u.a.: "Filial-Gefangenenlager" ist ebenfalls ohne Ausgabejahr versehen.

Der Wert in Pfennige beschränkt sich gegenüber "offiziellem" Geld in Prägung ausschließlich der Zahl auf Vorder- als auch Rückseite ---also ohne Pfennig---.

Ein kompletter Satz mit Werten von 1, 2, 5, 10, 20, 50, 100 und 200 in nachfolgend bebilderten guten Erhaltung  ist äußerst selten und wird genauso selten komplett angeboten.

Ribbertwerke Hürth Filial Gefangenenlagergeld: abwechselnd: Vorderseite/Rückseite
Ribbertwerke Hürth Filial Gefangenenlagergeld: abwechselnd: Vorderseite/Rückseite

Weiteres Kriegsgefangenenlagergeld in Papierform sind mit Wertstempel und Stempel "Wachtberg I", ohne Datumsangabe der

Wachtberg I, Braunkohlenwerke und Brikettfarbik Frechen G.m.b.H.

---so die hier bekannte Schreibweise, ein Original hier nicht im Sammelbestand, daher auch keine Abbildung---

bekannt.

letzte Akutalisierung: 06/2013